Seit fast einem Jahr, fahre ich regelmäßig Rad durch Offenburg und die umliegende Landschaft, von Durbach nach Neuried und von Gengenbach nach Oberkirch. Der landschaftliche, kulturelle und patrimoniale Reichtum dieser Region hat meine Neugier geweckt und erlaubte mir, eine ganz besondere Lebensweise zu entdecken, die sich von den städtischen Gewohnheiten unterscheidet.
Als Naturforscher, genauer gesagt als Botaniker, für fast 35 Jahre, sind die Pfade, die ich durchquere, am häufigsten durch ein Hinweisschild auf Radwege für Mountainbiker oder Radfahrer und manchmal mit dem Schild "Landwirtschaftlicher Verkehr Frei" (also Verkehrsvergehen) dargestellt. Aber steht Erhaltung der Natur nicht im Zusammenhang mit Landwirtschaft?
Und wenn ich mit meiner Kamera stehenbleibe, um die Wildblumen zu verewigen, nähern sich natürlich einige Leute und fragen, was ich tue. Manchmal mit dem legitimen Ton des Individuums, der sich fragt, was ein Fremder am Rande eines Feldes machen könnte, aber die meiste Zeit mit dem einfachen Wunsch, eine Diskussion mit einem Fotografen zu beginnen. In einem Jahr habe ich kleine Anekdoten angesammelt, die es mir erlauben, die Region zu schätzen, während ich mein Deutsch perfektioniere (auch den lokalen Dialekt).
So erzählt mir dieses Rentnerpaar aus Zunsweier ehrlich über das Leben der Bauern und die Schwierigkeiten, junge Menschen für diesen Knochenjob zu interessieren. Oder dieser Fan des Schalke-04 Fußballvereins, Besitzer von Weinbergen in Hohberg, erzählt mir seiner wunderbaren Erinnerungen an die Zeit von Marc Wilmots. In Schutterwald fragten mich zwei junge Wanderer über das, was in dem NSG Unterwassermatten so interessant ist und denen ich eine Orchideenart (Epipactis helleborine) vorstellte. An der Unterseite des Berghaupten-Tals war ich froh, junge Leute auf einem Bauernhof zu treffen, um die Topographie des Ortes zu klären und den Weg nach Diersburg auf zu zeigen. Und während des Sommers, in der Nähe von Meißenheim, werden sich zwei Damen für eine lange Zeit an ihre Badesitzung in einem dezenten Baggersee erinnern, an dessen Rand ich fotografierte bevor sie ankamen, um sich auf „Mutter-Natur’s Art“ auszusetzen ohne meine Anwesenheit zu bemerken ...
Alle diese Geschichten sind Lebensstücke, die Freude bereiten und mich in der Gegend von Offenburg festhalten. Und dann, gestern, am späten Nachmittag, zurück zur harten Realität: Als ich auf einem Weg auf Pflanzensuche herumfuhr, hat mich eine Person, die ich YuGioH34 genannt habe, auf einem Motorrad eingeholt, angehalten und mich gefragt, was ich täte (ich war anscheinend in der Nähe eines Gemüsegartens). Ich erklärte, dass ich ein Botaniker bin und dass ich Bilder von Blumen mache. Es folgt ein Dialog bei dem wir aneinander vorbeiredeten, er vermutete, dass ich ein Dieb wäre, spottete über mich, dass er bereits „viele Blumen verloren hätte …“, dass er Augen im Kopf hätte und dass er sähe, dass ich nicht Einheimisch wäre. Ich bleibe ruhig, ich kann diesen Verdacht legitim verstehen, aber eingeholt zu werden und von einem vorurteilsvollen Einheimischen auf dem Motorrad gestoppt zu werden, war mir noch nie passiert.
Sehr geehrte Bewohnerinnen und Bewohner von Offenburg, meine Enttäuschung nach diesem schlechten Treffen ist groß, aber ich hoffe, dass dieser Beitrag einigen von Ihnen erlauben wird zu verstehen, wie schädlich Vorurteile und Stereotypen in unserer gegenwärtigen Gesellschaft sind. Ich hatte die Gelegenheit, ein paar Leute kennenzulernen, die alles Mögliche tun, um das Verständnis und die Offenheit zwischen den verschiedenen Kulturen zu erleichtern. Ich habe ein wenig Bedauern der Sprache gegenüber sogar den Dialekt, der ein ausgeprägtes Identitätsmerkmal zu sein scheint, welches manchmal in einem Grenzgebiet nachträglich ist.
Ich möchte abschließend sagen, wenn Sie zukünftig jemals einen Radfahrer im offenen Land mit einer grünen Mütze und einem Rucksack sehen, wer immer er auch sei, nehmen Sie ihn nicht für einen Eindringling, er ist sicherlich eine Person, mit der man eine gute Zeit haben kann. Zeit, die sich zu einer kleinen Geschichte gestalten wird. Und glauben Sie mir, diese kleinen Momente machen ein großes gemeinsames Leben zur Geschichte.
Übersetzung: Vielen Dank an meiner Frau C. Häß